Unternehmenskultur: Stärken stärken, statt Schwächen zu schwächen

Defizitorientieres Denken ist in deutschen Unternehmen weit verbreitet. Und das hat direkte Auswirkungen auf die Mitarbeiter und ihre Arbeitsleistung. Warum wird eigentlich nicht stattdessen konsequent gefördert, was gut ist?

Beispielsweise definieren sich Wirtschaftsunternehmen häufig über Prozessoptimierung und wie erfolgreich sie dort sind. Der Fokus liegt auf dem, was besser gemacht werden muss, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Suche nach Fehlern unterstellt jedoch gleichzeitig, dass auch fortwährend welche gefunden werden müssen. Das ist im Kerne eine negative Ausrichtung, die jeden Mitarbeiter erfasst und lenkt. Der so entstehende Druck und die Kritik innerhalb des Unternehmens führen zu Gegenreaktionen. Das Ergebnis sind unzufriedene Mitarbeiter, sinkende Engagement, Verlust an Motivation, abnehmende Leistung.

Stärkenorientierte Führung als Erfolgsfaktor Produktivität

Das Konzept der stärkenorientierten Führung unterstellt hingegen, dass das größtmögliche Potential für eine Leistungssteigerung in der Förderung der Stärken eines jeden Mitarbeiters liegt. Mitarbeiter, die sich ihrer Stärken bewusst sind und diese im Arbeitsalltag einsetzen, sind eher dazu in der Lage, auch ihre Schwächen und mögliche Fehler selbst zu erkennen und damit authentisch umzugehen.

Nach Gallup, einem der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute, sind Unternehmen, die stärkenorientiert führen, produktiver, rentabler und haben eine geringere Mitarbeiterfluktuation. Daten zeigen, dass stärkenorientierte Teams eine um 12,5 Prozent höhere Produktivität haben und darüber hinaus qualitativ bessere Arbeitsergebnisse erbringen. Das Arbeiten nach individuellen Stärken führt dazu, dass Mitarbeiter mehr Energie haben, sich ausgeruhter fühlen, glücklicher sind und besser lernen, denn die Nutzung eigener Stärken hat Auswirkungen auf das Ausmaß negativer Emotionen. Je mehr Stunden Menschen am Tag ihre Stärken einsetzen können, desto weniger berichten sie von Sorgen, Stress, Wut oder Traurigkeit, wenn sie nach ihrem Wohlbefinden am Vortrag befragt werden.

Führungskräfte können diese Erkenntnisse also zugunsten des Unternehmenserfolgs nutzen und eine auf Stärken basierende Organisation aufbauen. Dafür gibt es eine Reihe von Instrumenten, auf die zurückgegriffen werden kann. Hierzu zählen etwa das Erstellen von Stärkenprofilen durch Selbst- und Fremdeinschätzung oder auch stärkenorientierte Zielvereinbarungen. Weiterhin gibt es das stärkenorientierte Feedback, das sich nicht nur auf den Erfolg als Ergebnis bezieht sondern die Stärken hervorhebt, die das Ergebnis ermöglicht haben.

Stärkenorientierte Führung als Erfolgsfaktor Personalgewinnung

Nicht nur der wirtschaftliche Aspekt der Produktivität spricht für die Umsetzung einer stärkenorientierten Führung. Der Arbeitsmarkt ist geprägt von einer wettbewerbsorientierten Umgebung. Die Megatrends Globalisierung, demographischer Wandel und Digitalisierung verstärken die Situation, indem sie beispielsweise den viel diskutierten Mangel an Fachkräften und gleichzeitig die Mobilität der Menschen erhöhen. Die Gewinnung und Bindung von Fachkräften an das Unternehmen wird immer wichtiger. Umfragen zeigen jedoch, dass die Mitarbeiterbindung in Deutschland noch ausbaufähig ist. Im Jahr 2018 gaben 15 Prozent der befragten Arbeitnehmer an, eine hohe Bindung zu ihrem Arbeitgeber zu haben, 75 Prozent eine geringe Bindung und 15 Prozent gar keine, also aktiv dem Unternehmen schaden. Seit 2001 haben sich diese Werte kaum verändert. Der oben beschriebene Wandel macht es notwendig, Führungskonzepte mehr an den Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten. Die stärkenorientierte Führung kann hier wichtige Signale setzen.